Du hast eine Tendinopathie der Achillessehne oder ein Patellaspitzensyndrom, dann findest du hier wertvolle Tipps für einen vielversprechenden Therapieansatz!
1. Versuche nicht vollständig zu ruhen
Sehnenschmerzen entspringen der Tatsache, dass die Sehne einer spezifischen Belastung nicht gewachsen ist. Wenn du die Sehne vollkommen in Ruhe lässt, wird ihre Fähigkeit, Belastungen zu tolerieren weiter schwinden. Statt die Sehne vollständig auszuruhen, wäre es also ratsam, die Sehne weiterhin mit einer geringen Belastung zu beanspruchen, jedoch in einem Maße, welches du gut tolerieren kannst. Diese Belastung kann dann allmählich und in kleinen Schritten gesteigert werden.
2. Verlasse dich nicht auf passive Behandlungen
Passive Behandlungen wie Massagen, Dehnen, Manuelle Therapie, Dry Needling, Eis, Wärme, TENS, Ultraschall, Interferenzbehandlungen und Magnetfeld oder Akupunktur etc., verbessern die Belastbarkeit der Sehne nicht und sind daher in der Regel nicht von langfristigem Nutzen. Einige dieser Behandlungen können zwar kurzfristig zur Schmerzlinderung beitragen, es ist jedoch offensichtlich, dass diese Interventionen die Sehne nicht heilen können. Die Sehne benötigt in erster Linie Belastung, um wieder belastbarer zu werden!
3. Lasse vorerst keine Injektionstherapien durchführen
Es liegen solide klinische Studien vor, die zeigen, dass direkte Injektionen in das Sehnengewebe nicht überzeugend wirksam sind. In manchen Situationen könnten bestimmte Injektionen sogar langfristige negative Auswirkungen auf die Sehnengesundheit haben. Daher sollten sie nur erwogen werden, wenn die Sehne nicht auf ein sorgfältig geplantes und durchgeführtes Trainingsprogramm anspricht.
4. Ignoriere deine Schmerzen nicht einfach
Ähnlich wie bei der Empfehlung, sich nicht gänzlich zu schonen, sollte auch keine unnötige Schmerzbelastung in Kauf genommen werden. Als grobe Orientierung gilt, dass Schmerzen über einem Wert von 4/10 (0= kein Schmerz und 10 = unerträglicher Schmerz) darauf hinweisen könnten, dass die Sehne möglicherweise überfordert ist und sich der Zustand deshalb mit der Zeit verschlechtern kann. Wenn die während und nach den Übungen erlebten Schmerzen unterhalb von 4/10 bleiben und zwischen den Aktivitäten abklingen, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Sehne anpasst, stärker wird und zukünftig mehr Belastung mit weniger Schmerzen toleriert.
5. Dehne deine Sehne nicht ständig
Durch das Dehnen der Sehne setzt du sie einer intensiven Druckbelastung aus. Aktuelle Erkenntnisse zeigen, dass dieser Druck für schmerzende Sehnen schädlich sein kann und den Genesungsprozess verlangsamen könnte. Es existieren keine veröffentlichten Nachweise dafür, dass Dehnen eine effektive Maßnahme bei Sehnenschmerzen darstellt, dennoch wird es viel zu häufig empfohlen!
6. Massiere deine Sehne nicht ständig
Die Massage kann eine überstrapazierte und gereizte Sehne durch den Druck oft weiter verstärken. Ähnlich wie andere passive Therapien zeigt auch die Massage in der Regel langfristig wenig Nutzen, kann jedoch vorübergehend eine Linderung der Schmerzen bewirken.
7. Sei nicht besorgt über die Bilder und Befunde deiner Sehne
Die bildgebenden Verfahren wie Ultraschall oder MRT für Sehnen sowie medizinische Begriffe wie "Degeneration" und "Riss" können Ängste vor der Belastung einer Sehne auslösen. Die Sorge besteht darin, dass die Belastung den Riss verschlimmern und weitere Degeneration verursachen könnte. Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass problematische Sehnen im Laufe der Zeit eine ziemlich hohe Belastung ohne Schmerzen vertragen können, insbesondere wenn die Belastung schrittweise gesteigert wird. Interessanterweise besteht nur eine geringe Korrelation zwischen dem Ausmaß der in der Bildgebung erkennbaren Veränderungen und der Belastbarkeit einer Sehne. Lasse dir deshalb bitte keine Angst einjagen!
8. Hab keine Angst vor einem Riss deiner Sehne
Schmerz fungiert als Schutzmechanismus, der die Entlastung einer Sehne fördert. Daher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine schmerzhafte Sehne tatsächlich reißt, geringer. Die meisten Sehnen, die reißen, verursachen keine Schmerzen, obwohl medizinische Bildgebung eine erhebliche Pathologie zeigen kann (siehe Punkt 7 – Bildgebung ist kein zuverlässiger Indikator für die Belastbarkeit einer Sehne!).
9. Versuche deine Rehabilitation nicht abzukürzen
Es erfordert eine große Portion Geduld, die Kraft zu entwickeln und die Kapazität einer Sehne zu steigern. Auch wenn diese Zeitspanne mitunter lang erscheinen mag (gelegentlich 3-6 Monate oder länger!), sind die langfristigen Resultate vielversprechend, wenn die Rehabilitation vollständig durchgeführt wird. Maßnahmen, die oft als kurzfristige Hilfe versprochen werden (siehe Punkte 2 und 3), mögen zwar vorübergehende Schmerzlinderungen bewirken, haben jedoch langfristig keinen positiven Einfluss auf die Belastbarkeit und Funktion deiner Sehne.
10. Versuche die Aufgaben deiner Sehne zu verstehen
Grundsätzlich mögen schmerzhafte Sehnen es nicht, wenn sie aus einer gestreckten Position heraus stark zusammengedrückt und kontrahiert werden. Dies betrifft insbesondere federnde Aktivitäten wie Springen, Sprinten und Richtungswechsel für Sehnen wie die Achillessehne und die Patellasehne. In den frühen Stadien der Sehnenrehabilitation sind langsame Widerstandsübungen mit schrittweiser Steigerung der Belastung empfehlenswert. Nachdem sich deine Sehne im Verlauf der Rehabilitation angepasst hat, ist es sinnvoll, zu schnelleren, federnden Bewegungen überzugehen, um sie auf die funktionalen Anforderungen vorzubereiten.
Die aktuell besten Erkenntnisse für die Rehabilitation von Tendinopathien legen nahe, ein auf Übungen basierendes Programm zu nutzen, das progressiv aufgebaut ist und die Prinzipien der Sehnenbelastung berücksichtigt. Dabei sollte deine individuelle Situation ebenso wie deine Anforderungen des täglichen Lebens, Hobbys oder der jeweiligen Sportart berücksichtigt werden.
Durch die Betreuung von Patient:innen mit Tendinopathien und meine eigene Rehabilitation der Achillessehne und Tibialis Posterior Sehne habe ich bereits Erfahrungen sammeln können und stehe dir gerne bei deinem eigenen Prozess mit Rat und Tat zur Seite.
Quelle:
Jill Cook ist Professorin für muskuloskelettale Gesundheit am La Trobe Sport and Exercise Medicine Research Centre an der La Trobe University in Melbourne, Australien. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen Sportmedizin und Sehnenverletzungen
Comments