Fast jeder von uns, insbesondere diejenigen, die laufen, sind mit akuten Weichteilverletzungen wie dem Supinationstrauma (Umknicktrauma) vertraut. Bei Verletzungen der unteren Extremität sind Bänderrisse sogar am häufigsten vertreten, deshalb finde ich es wichtig, einmal genauer auf die Behandlungsstrategie nach einer Sprunggelenksdistorsion zu schauen und euch den neuesten Therapieansatz vorzustellen.
Lange galt nämlich die PECH-Regel als das Mittel der Wahl für die kurzfristige Behandlung von Weichteilverletzungen: Pause. Eis. Kompression. Hochlagern.
Diese Regel wird jetzt vom Akronym PEACE & LOVE abgelöst, aus gutem Grund! ✌🏼🫶🏼
PEACE & LOVE wurde von Dubois & Escullier (2020) entwickelt und beschreibt die Behandlung von Weichteilverletzungen auf Grundlage aktueller Evidenz. Anders als beim Vorgänger, geht der neue Ansatz außerdem über die akute, kurzfristige Versorgung hinaus und schließt auch noch das Management der Behandlung nach dem akuten Stadium mit ein!
Die Buchstaben in PEACE stehen also für die akute Versorgung, während LOVE das weitere Vorgehen nach ein paar Tagen beschreibt.
✌🏼 Die Abkürzung PEACE steht für:
Protection (Schutz): Um eine Verschlimmerung der Verletzung zu verhindern, sollte die Belastung drei Tage lang schmerzadaptiert angepasst, aber nicht zwingend vermieden werden, damit die Festigkeit und Qualität des Gewebes nicht durch eine zu lange Inaktivität beeinträchtigt wird!
Elevation (Hochlagern): Diese Maßnahme wird weiterhin mehrfach täglich empfohlen, um den Rückfluss der Gewebeflüssigkeit aus dem verletzten Gebiet zu fördern und so die Heilung positiv zu beeinflussen.
Avoid anti-inflammatory modalities (Vermeidung von entzündungshemmenden Maßnahmen): Man geht mittlerweile davon aus, dass sich entzündungshemmende Medikamente sowie Kryotherapie (Eisanwendung) negativ auf die langfristige Heilung des Gewebes auswirken und diese eher verzögern. Falls Eis zur Schmerzlinderung eingesetzt wird, dann empfehle ich deshalb nur kurze Einheiten von maximal 10 Minuten und nicht den Griff zum Eispack, sondern lieber zum Quark aus dem Kühlschrank.
Compression (Kompression): Sie kann dabei helfen, Schwellungen und Gewebeblutungen (Hämatome) zu minimieren und die Lebensqualität während der Heilungsphase zu verbessern.
Education (Aufklärung): Das Wichtigste zum Schluss: Bei Heilung nach Verletzungen gibt es keine Magie, sondern nur Physiologie, welche zwar durch physiotherapeutische Interventionen unterstützt, aber nicht ersetzt werden kann! Es ist wichtig, eine große Portion Geduld mitzubringen, denn bekanntlich heilt hauptsächlich die Zeit alle Wunden.
Nach Frieden (Peace) benötigt die Verletzung dann in erster Linie Liebe (Love).
🫶🏼 Die Abkürzung LOVE steht für:
Load (Belastung): Ein aktiver Ansatz hat sich hierbei als besonders vorteilhaft erwiesen. Um den Wiedereinstieg in körperliche Aktivitäten nach muskuloskelettalen Verletzungen zu bewältigen, kann man z.B. den Schmerz als Indikator für die richtige Belastbarkeit nutzen. Mechanische Belastungen sollten frühzeitig eingebunden und die normale Aktivität wieder aufgenommen werden, sobald die Symptome es zulassen. Ein gutes Belastungsmanagement fördert die Reparatur, den Umbau, die Gewebetoleranz und die Leistungsfähigkeit von Sehnen, Muskeln und Bändern.
Optimism (Optimismus): Think Positive! Es lohnt sich, positiv zu denken. Eine optimistische Einstellung geht einher mit besseren Ergebnissen und Prognosen! Man sollte sich außerdem von negativen Gedanken wie Katastrophisierung oder pessimistischen Erwartungen fernhalten, denn man nimmt an, dass sie mehr an der Variation der Symptome und den Einschränkungen nach einer Sprunggelenksdistorsion teilhaben als der Grad der Verletzung selbst.
Vascularization (Durchblutungsförderung): Schon wenige Tage nach einer Verletzung empfiehlt es sich, schmerzfreie kardiovaskuläre Aktivitäten auszuüben. Auf diese Weise steigt die Motivation und die Durchblutung der betroffenen Strukturen verbessert sich. Eine frühe Mobilisierung und das Training des aeroben Systems tragen zur Verbesserung der Funktion bei, fördern den Return to work und reduzieren den Bedarf an Schmerzmitteln bei Menschen mit Erkrankungen des Bewegungsapparats.
Exercise (Übung): Eine Trainingstherapie kann das Risiko von Re-Verletzungen reduzieren. Übungen unterstützen die Wiederherstellung von Beweglichkeit, Kraft und Propriozeption in der frühen Phase nach einer Verletzung. Um eine optimale Heilung in der frühen Rehabilitationsphase zu gewährleisten, sollte sich die Belastungssteuerung am Schmerz orientieren. Wichtig ist außerdem, dass nicht nur die Verletzung im Vordergrund stehen sollte, sondern der/die Patient:in, welche die Verletzung hat!
Kontaktiere mich gerne, wenn du Fragen hast oder Unterstützung bei deiner Rehabilitation benötigst, denn gemeinsam Berge versetzen bedeutet für mich, dass Klient:innen und Patient:innen durch meine Hilfestellung einen positiven Rahmen erhalten, um mit mehr Selbstwirksamkeit effizient ihr Therapieziel zu erreichen 💪🏼😎.
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