Warum dein Laufschuh (fast) egal ist und worauf es wirklich ankommt
- Jennifer Eidel
- 17. Juni
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Juni
Wir leben in einer Zeit, in der Optimierung fast schon ein gesellschaftliches Dogma ist. Besser essen, effizienter arbeiten, schneller regenerieren und natürlich das perfekte Equipment tragen. Die Laufschuhindustrie spielt diesen Zeitgeist gekonnt aus. Jedes Jahr gibt es viele neue Modelle, neue Technologien, neue Versprechen:
Mehr Dämpfung, weniger Dämpfung, Barfußgefühl, Carbonplatten, Pronationsstützen.

Deshalb habe ich heute eine unbequeme Wahrheit für alle, die gerne optimieren, und vielleicht eine kleine Erleichterung für alle, die einfach nur laufen wollen: Welchen Schuh du trägst, hat keinen Einfluss auf deine Verletzungshäufigkeit!
Technik im Schuh, bringt das überhaupt was?
Viele Läuferinnen und Läufer vertrauen beim Schuhkauf auf Technologie: Dämpfung, Stütze, Einlagen. Die Annahme dahinter ist fast immer dieselbe, weniger Belastung soll zu weniger Verletzungen führen. Doch was sagen die Daten dazu?
Beginnen wir mit der Dämpfung. Die Vorstellung, dass mehr Dämpfung die Gelenke schont und Verletzungen vorbeugt, hält sich hartnäckig. Wissenschaftlich belegt ist sie nicht. Studien zeigen, dass die Härte oder Weichheit der Zwischensohle keinerlei Einfluss auf die Verletzungsrate hat. Weniger Dämpfung kann sogar die Laufökonomie leicht verbessern, weil mehr Energie zurückgegeben wird. Allerdings wirkt sich auch das nicht auf die Verletzungshäufigkeit aus. Deshalb gilt: Nimm den Schuh, der sich für dich gut anfühlt, egal ob mit viel oder wenig Dämpfung.
Auch bei gestützten Laufschuhen sieht es nicht anders aus. In vielen Geschäften ist die Laufanalyse der erste Schritt zur Empfehlung von Stütze oder Neutral. Doch eine groß angelegte Studie (Knapik et al., 2009) zeigt deutlich: Ob gestützt oder nicht, es macht ebenfalls keinen Unterschied für das Verletzungsrisiko.
Und dann gibt es noch die Einlagen. Sie gelten oft als letzte Rettung bei Schmerzen oder zur Prävention. Doch auch hier lässt sich kein echter Nutzen nachweisen. Studien kommen zu dem Schluss, dass Einlagen weder vor Verletzungen schützen noch die Leistung verbessern. Im Gegenteil: weiche Einlagen können die Laufökonomie sogar verschlechtern, weil sie Energie dämpfen, die dir eigentlich beim Laufen helfen sollte.
Laufschuh richtig auswählen
Wenn all die Technik in modernen Laufschuhen keinen spürbaren Einfluss auf die Verletzungsrate hat, stellt sich die Frage, worauf man stattdessen achten sollte.
Studien zeigen, dass der sogenannte Komfortfilter eine der zuverlässigsten Möglichkeiten ist, um Verletzungen vorzubeugen. Das bedeutet: Fühlt sich der Schuh beim Laufen gut an, passt die Größe und Form zu deinem Fuß, dann ist es sehr wahrscheinlich der richtige Schuh für dich. Mehr braucht es oft gar nicht.
Lauferfahrung und "Übung" scheinen außerdem eine positiven Effekt zu haben, denn Profiläufer verletzen sich weniger!
Und noch ein Bonus-Tipp: Wer regelmäßig zwischen mehreren Modellen wechselt, senkt nachweislich das Risiko für Laufverletzungen (Malisoux et al., 2015).
Fazit: Wir alle sind verführt, zu glauben, dass der richtige Schuh die Lösung ist. Die Wissenschaft sagt nein. Nicht der Schuh macht den Unterschied, du selbst tust es. Hör auf dein Gefühl. Teste. Laufe. Und ignoriere das Marketingrauschen um dich herum. Der beste Schuh ist nicht der mit der neuesten Technologie, sondern der, in dem du am liebsten läufst - ganz einfach, oder? :-)
Wenn du dir unsicher bist, welcher Laufschuh zu dir passt, unterstütze ich dich gern. In meiner Schuhberatung legen wir den Fokus auf das, was wirklich zählt. Wir achten auf die richtige Größe, ausreichend Platz für deine Zehen und eine Passform, die sich für dich gut anfühlt. Außerdem hast du die Möglichkeit, verschiedene Modelle in Ruhe zu testen.
Man lese das Buch "Born to Run" von Christopher MacDougall, dort verweist er im Kapitel 25 auf diverse Studien, die einen Zusammenhang zwischen dem Verletzungsrisiko und den Schuhen untersuchen. Bereits Mitte der 80er Jahre wurde erkannt, dass das Risiko offenbar steigt je dicker und weicher eine Schuhsohle ist (dort hieß es: je teurer, desto schlechter!). Prof. Liebermann hat nachgewiesen, dass die Aufprallintensität paradoxerweise höher ist, je dicker die Polsterung ist. Optimal ist barfuß! Ich habe seit Anfang 2017 überhaupt keine Laufschuhe mehr angehabt und das bleibt auch so! Seitdem habe ich auch keine Knieschmerzen mehr gehabt.
Hört sich fast zu einfach ab um war zu sein. Doch wie so oft ist nicht das technisch hoch entwickelte, das modernste mit den tollsten und neusten Variationen sondern eben das "Einfache" die beste Lösung!
Gute Beitrag Jen👍