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Die biomechanischen Macken unseres beschuhten Lebens!

Aktualisiert: 17. Feb. 2021

Von klein auf wurden unsere Füße in Schuhe gesteckt. Es gibt spezielle Schuhe um Laufen zu lernen oder Sport zu treiben, für besondere Anlässe, für den Alltag, für Zuhause, für heiße und kalte Tage und es gibt Schuhe, die ganz besonders weich sind oder unsere Füße ganz besonders gut stützen.


Wir sind in Schuhen aufgewachsen und unsere Oma hat schon immer gesagt "Kind, zieh dir Schuhe an, sonst erkältest du dich noch" - woher sollen wir also wissen, dass die Schuhe, die wir seit Jahrzehnten an den Füßen haben nicht nur vorteilhaft sind, sondern einige biomechanische Macken aufweisen?!


Unser Körper ist ein Wunder der Natur und obwohl wir ihn zu oft in zu enge Kleidung und Schuhe stecken, KOMPENSIERT er wo er nur kann, um uns trotzdem bestmöglich durchs Leben zu tragen!


Falls du dir jetzt also denkst "Mensch, was will sie denn damit, ich hab doch gar keine Beschwerden", dann lies bitte trotzdem weiter. Du wirst merken, dass auch dein Körper, selbst als besonders guter KOMPENSATIONSMEISTER, den biomechanischen Grundsätzen unterworfen ist.



MACKEN, DIE EIN SCHUH NICHT BRAUCHT!



- Der Absatz -


Der Absatz oder auf fachmännisch "die Fersensprengung", bezeichnet die hintere Hälfte eines Schuhs, die eigentlich fast immer leicht erhöht ist, selbst dann, wenn der Absatz gar nicht so offensichtlich ist.



Und warum kann der Absatz Probleme machen?

Es ist doch schön, wenn die Beine länger wirken, weil die Waden gestreckt sind!

Stell dir einfach einmal vor, du gehst dein ganzes Leben lang nur bergab. Genau das tun wir nämlich, wenn wir in Schuhen gehen, weil unsere KOMPLETTE ACHSE, je nach Höhe des Absatzes, entsprechend nach VORNE KIPPT!

Der Körper ist schlau und kann das seeeeeehr lange kompensieren, denn es gibt andere Gelenke (Hüfte, Knie und Wirbelsäule), die dafür gerade stehen! Ungefähr so:

Der ganze Körper passt sich also an die veränderten Lasten an:


Die Gangart verändert sich (sichtbar). Der Absatz lässt keine ausreichende Beweglichkeit im Sprunggelenk mehr zu, die sich das "Gestell" in anderen Gelenken suchen muss (z.B. Knie, Hüfte, Lendenwirbelsäule). Die Strukturen im Bereich des Unterschenkels verkürzen sich aufgrund der ständigen Entlastung. Der Druck auf den Vorfuß nimmt durch die Fehlstellung im Schuh zu.


Kurz gesagt, der Körper kommt durch jeden Absatz aus dem Gleichgewicht.

Die Reaktion darauf ist eine Verschiebung der Lasten und eine Veränderung in den Bewegungsspielräumen der Gelenke.


Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, um mal im Schuhrank zu kramen und die Absätze zu checken ;)


- Wenn der Vorfuß Platzangst bekommt -


Beinahe jeder Schuh läuft vorne eng zusammen, denn das ist schön und modisch und gilt als Statussymbol für unsere Zivilisiertheit. Unsere Füße ähneln nicht mehr denen von Naturvölkern, die ihr Leben lang barfuß gegangen sind und auch nicht denen von kleinen Kindern, denn da gibt es noch eine schöne V-Form! :)



Besonders unser großer Zeh leidet unter der Schuhmode, denn er wird nach innen gedrückt und kann seiner eigentlichen Aufgabe als wichtiges stabilisierendes Element für Körper und Haltung nicht mehr gerecht werden. Er verliert seine Kraft und seine Funktion und wir verschenken unsere große Zehe an die Schuhmode. Na, wer hat auch so einen großen Zeh wie die Dame auf dem linken Bild? (Hier ist die Gefahr eines Hallux valgus bereits gegeben!)


- Doppelter Boden -


Dicke, steife Sohlen, die uns eine gute Dämpfung versprechen, sorgen dafür, dass sich unsere 33 Gelenke, unzählige Muskeln und Faszien nicht an die unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten anpassen können, sondern im Schuh stets eintönig ihr Dasein fristen müssen. Auch das super schlaue körpereigene Dämpfungssystem, das eigentlich über Faszien, Muskeln und Achillessehne mit aufgenommener und abgegebener Energie arbeitet, kommt nicht mehr zum Zuge. Wir verlieren unsere Propriozeptoren, kleine Messfühler in Sehnen, Muskeln und Gelenken (denk an die 33 Gelenke in unserem Fuß!), die unsere Fußposition an das Gehirn melden und die auch dafür verantwortlich sind, dass wir nicht ständig umknicken! Und da wundern wir uns noch, wenn wir immer wieder Supinationsverletzungen (Fuß knickt nach innen um) haben oder die Achillessehne ständig schmerzt.


- Ein Fußbett zum Schlafen -


Kommen wir nun noch zu meinem Lieblingsthema, den Einlagen, die ich selbst zahlreich im Schrank liegen habe (immerhin verstaubt). Fast jeder, der schon einmal einen Knick-, Senk-, Spreiz- oder Plattfuß diagnostiziert bekommen hat, wurde mit Einlagen versorgt. Diese sollen alles schön anheben, polstern, wieder "in Form" bringen oder einfach nur unterstützen und angenehm sein. Was Einlagen aber niemals können, ist die URSACHE behandeln, denn ein schönes Fußbett lässt unsere Strukturen schlafen und weiter verkümmern. Wir müssen also der URSACHE auf den Grund gehen, unsere Füße aufwecken, anstatt sie noch bequemer schlafen zu legen!



FAZIT


Unsere Füße bilden das Fundament auf dem wir täglich stehen, gehen und laufen. Anders als bei Naturvölkern versagen wir unseren Füßen bereits ab der frühen Kindheit die richtige Entwicklung. Wir sehen schmale, deformierte Füße und sogar das Tragen von Pronationsstützen als NORMAL an. Wir gehen wegen Knie-, Hüft- und Rückenscherzen zum Arzt und Therapeuten, lassen uns Einlagen verschreiben, aber geben unserem Fuß nicht die Chance auf natürliche Weise zu funktionieren und sich zu stabilisieren. Das fängt beim großen Zeh schon an!

Wir sollten uns nicht fragen "WIE BEKOMME ICH DAS SCHNELLSTMÖGLICH WIEDER HIN?", sondern "DURCH WELCHE STÄNDIGEN ANGEWOHNHEITEN VERURSACHE ICH DAS?" - Nicht der Schuh formt den Fuß, sondern der Fuß sollte die Vorlage für den richtigen Schuh darstellen. Weniger ist da oft mehr! Für mehr Freiheit, mehr Achtsamkeit für den eigenen Körper und mehr Geduld mit sich selbst! :)



"THE LESS A SHOE DOES TO A FOOT, THE BETTER FOR THE FOOT!"



Ich freue mich, wenn ich mit diesem Blogbeitrag etwas zu gesünderen Füßen beitragen kann und wünsche mir, dass ihr euch mehr mit eueren Füßen und mit dem Schuhwerk, in das ihr sie täglich steckt, befasst. Mit freundlichen Grüßen an die Füße.

Jen :)





Quellen:

Katy Bowman. Bewegung liegt in deiner DNA. 2016

Katy Bowman. Barfuß gehen, starke Füße für ein gesundes Leben. 2018

Cristian Larsen. Füße in guten Händen. 2014

Kristiaan D’Août. The evolutionary history of the human foot. 2008

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