Achillessehnen-Tendinopathie: Wenn die stärkste Sehne im Körper nicht mehr belastbar ist!
- Jennifer Eidel
- 9. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 17. Apr.
Die Achillessehnen-Tendinopathie zählt zu den häufigsten Sehnenerkrankungen der unteren Extremität. Besonders aktive Menschen sind betroffen: Etwa 6 % der Allgemeinbevölkerung und über die Hälfte aller Spitzensportler im Ausdauerbereich machen im Laufe ihres Lebens Bekanntschaft mit einer Achillessehnen-Tendinopathie.
Eine Tendinopathie kann die Lebensqualität und die Teilnahme an sportlichen Aktivitäten deutlich einschränken. Ich habe nicht nur als Therapeutin, sondern auch als Betroffene Erfahrung mit dieser Diagnose gesammelt und möchte mit diesem Artikel über die Risikofaktoren, Mechanismen in der Sehne und über den bisher effektivsten Therapieansatz informieren.

Was sind die Risikofaktoren?
Es gibt einige Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht (Männer sind häufiger betroffen) oder frühere Verletzungen, die sich sich leider nicht beeinflusse lassen.
Andere Faktoren hingegen, sind zum Teil beeinflussbar:
Eingeschränkte Beweglichkeit im Sprunggelenk
Reduzierte Kraft der Wadenmuskulatur
Plötzliche Trainingssteigerung, also zu "schnell zu viel"
Bestimmte Medikamente z. B. Fluorchinolone (Antibiotika), Statine (Cholesterinhemmer)
Alkoholkonsum
Bestimmte Berufe, die die Achillessehne mehr belasten
Bestimmte Sportarten, die die Achillessehne mehr belasen
Bestimmte Begleiterkrankungen / Stoffwechselerkrankungen wie Übergewicht, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen beeinflussen die Sehnengesundheit ebenfalls negativ
Wie sieht die Diagnostik aus?
Die Diagnose stützt sich auf eine sorgfältige Anamnese und eine detaillierte klinische Untersuchung.
Es wird zwischen der Midportion-Tendinopathie und der Ansatzsehnentendinopathie unterschieden. Bei der Midportion-Tendinopathie treten die Schmerzen im mittleren Abschnitt der Sehne, etwa 2-7 cm oberhalb des Fersenbeins, auf. Bei der Ansatzsehnentendinopathie hingegen befinden sich die Beschwerden direkt am Ansatzpunkt der Sehne am Fersenbein. Beide Formen der Tendinopathie führen zu einer verstärkten Schmerzempfindlichkeit bei Druck oder Belastung.
Was passiert bei einer Tendinopathie in der Sehne?
Auf zellulärer Ebene zeigen sich bei einer Tendinopathie typische histologische Merkmale: Die normale, geordnete Architektur der Sehne ist gestört – die Kollagenfasern sind nicht mehr parallel ausgerichtet, was die mechanische Belastbarkeit der Sehne deutlich reduziert. Begleitend kommt es zu einer veränderten Zellularität und Vaskularität – das bedeutet: Es sind mehr Zellen und Blutgefäße im Gewebe vorhanden, als physiologisch nötig, jedoch in einer für die Funktion ungünstigen Struktur.
Diese Veränderungen spiegeln einen gestörten Umbauprozess (Remodelling) wider, der häufig von einer chronischen, niedriggradigen Entzündungsreaktion begleitet wird, ohne dass es sich um eine klassische akute Entzündung handelt. Auch die extrazelluläre Matrix – das „Gerüst“ um die Zellen herum – ist betroffen: Ihre Zusammensetzung verändert sich, was die biomechanischen Eigenschaften weiter beeinträchtigt.
Was ist der beste Therapieansatz aus Sicht der Physiotherapie?
Die Behandlung einer Achillessehnen-Tendinopathie bleibt aufgrund der komplexen Pathophysiologie eine schwierige Aufgabe, bei der es bislang keinen allgemein gültigen Behandlungsstandard gibt.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Therapie Geduld und Zeit erfordert, in der Regel 6-12 Monate. Man unterscheidet bei der Therapie außerdem die Mid-Portion von der Ansatzsehnentendinopathie und sie muss individuell angepasst werden, da pauschale Ansätze oft nicht ausreichen. In meiner therapeutischen Arbeit fokussiere ich einen strukturierten, progressiven Belastungsaufbau. Besonders wichtig sind Aufklärung, Schmerz-Monitoring, Belastungsmanagement sowie nachhaltige Bewegungs- und Trainingsstrategien, um die Sehne langfristig belastbarer zu machen und besonders das gesunde Gewebe der Sehne zu stärken ("treat the donut not the hole"). In der Therapie geht es mir außerdem darum, den Patienten zu befähigen, aktiv mit der Beschwerdesituation umzugehen und mehr Selbstwirksamkeit zu entwickeln, um eigenverantwortlich das Therapieziel zu erreichen.
ℹ️ Wenn du aktuell mit einer Tendinopathie, melde dich gerne bei mir – entweder zur Physiotherapie vor Ort in Schwangau oder zum Remote Coaching mit individuellem Trainingsplan und persönlicher Betreuung.
Primärquelle:
Traweger, A., Scott, A., Kjaer, M. et al. Achilles tendinopathy. Nat Rev Dis Primers11, 20 (2025). https://doi.org/10.1038/s41572-025-00602-9
Oje, das trifft wohl jede*n mal irgendwie... Da muss ich ja gleich mal etwas Werbung fürs Barfußgehen machen - wundert mich, dass das im Text gar nicht vorkommt, wo es doch sonst hier Thema ist?! Ich habe vor rund 10 Jahren die Beschwerden (nach einem Laufschuhwechsel) mit täglichen Barfußspaziergängen wegbekommen, weil dadurch nach und nach die Fuß- und Wadenmuskulatur gestärkt wurde. Viel Barfußgehen ist also eine gute Prävention. So bin ich überhaupt zum Barfußlaufen gekommen. Und ich kenne viele, denen es ähnlich ging. Aber ganz gefeit ist man auch als Vollzeitbarfüßer nicht, wie ich Anfang letzten Jahres erfahren musste. Nach 8 Jahren Ruhe fing es plötzlich wieder an. Aber ich hatte Glück und musste außer ärztlicher Begutachtung keine speziellen medizinischen…
Sportmedizinisch und allgemein klinisch absolut relevanter Beitrag , vor allem aus physiotherapeutischer Sicht.
Was die Therapie angeht (aus ärztlich/orthopädischer Sicht) allerdings etwas "schmalspurig". Wie du schon schreibst ist die Ätiopathogenese sehr komplex. Das gilt aber auch für die Therapie!
Zumindest erwähnen würde ich als therapeutische Option der Vollständigkeit halber die Kryotherapie, die fokussierte Stoßwellentherapie ( ESWT) und als ultimo ratio auch die chirurgische Intervention.
Ich finde es trotzdem toll, wie und vor allem mit welcher Konsequenz du dich diesem schwierigen Thema stellst!
Auf alle Fälle ein lesenswerter Beitrag!
Respekt und Kompliment Jen!